Banaler Nationalismus: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Banaler Nationalismus'''<ref>Der Artikel ist eine Übersetzung des Artikels "Banal nationalism" aus der englischsprachigen Wikipedia.</ref> bezieht sich auf alltägliche Darstellungen einer Nation, die ein Gefühl der gemeinsamen nationalen Identität schaffen.<ref>Michel Billig, Banal Nationalism. 1995, London: Sage, Seite 6.</ref> | |||
Der Begriff ist dem Buch ''Banal Nationalism'' Buch des [[England|englischen]] Wissenschaftlers Michael Billig aus dem Jahr 1995 entnommen und ist kritisch zu verstehen. Billigs Buch wurde als „das vierthäufigst zitierte Werk über Nationalismus, das jemals veröffentlicht wurde“ bezeichnet.<ref>Michael Skey and Marco Antonsich, Everyday Nationhood: theorising culture, identity and belonging after Banal Nationalism. 2017, London: Palgrave Macmillan, Seite 1.</ref> Billig entwickelte das Konzept des „banalen Nationalismus“, um die routinemäßige und oft unbemerkte Art und Weise hervorzuheben, in der etablierte Nationalstaaten sich von Tag zu Tag reproduzieren.<ref>Michel Billig, Banal Nationalism. 1995, London: Sage, Seite 6.</ref> Das Konzept war hoch einflussreich, insbesondere im Bereich der politischen Geographie. Das akademische Interesse hält seit der Veröffentlichung im Jahr 1995 an.<ref name=":4">Koch, Nathalie; Anssi Paasi (September 2016). "Banal Nationalism 20 years on: Re-thinking, re-formulating and re-contextualizing the concept". Political Geography. 54: 1–6.</ref> Heute wird der Begriff ''Banaler Nationalismus'' hauptsächlich in der akademischen Diskussion über Identitätsbildung, Geopolitik und das Wesen des Nationalismus in der zeitgenössischen politischen Kultur verwendet.<ref name=":5">Sophie Duchesne, 'Who's afraid of Banal Nationalism', Nations and Nationalism, 2018, 24, Seiten 841-856.</ref> | |||
Beispiele für banalen Nationalismus sind die Verwendung von Flaggen in alltäglichen Zusammenhängen, Sportveranstaltungen, nationale Lieder, Symbole auf Geldnoten<ref>Penrose, Jan (November 2011). "Designing the nation. Banknotes, banal nationalism and alternative conceptions of the state". Political Geography. 30 (8): 429–440.</ref> populäre Ausdrücke und Redewendungen, patriotische Vereine, die Verwendung implizierter Zusammengehörigkeit in der nationalen Presse, z. B. die Verwendung von Begriffen wie "Premierminister", "Wetter", "unsere Mannschaft" und die Unterteilung in "nationale" und "internationale" Nachrichten. Viele dieser Symbole sind besonders wirksam, weil sie ständig wiederholt werden und fast unterschwellig wirken. Banaler Nationalismus wird oft durch staatliche Institutionen wie Schulen erzeugt.<ref>Piller, Ingrid (12 May 2017). "The banal nationalism of intercultural communication advice".</ref> | |||
Michael Billig | Solche Mechanismen können zu Bottom-up-Prozessen des nation-buildings beitragen.<ref>Mylonas, Harris; Tudor, Maya (11 May 2021). "Nationalism: What We Know and What We Still Need to Know". Annual Review of Political Science. 24 (1): 109–132.</ref> Michael Billig ging es bei der Prägung des Begriffs in erster Linie darum, den alltäglichen, einheimischen Nationalismus klar von extremistischen Varianten abzugrenzen. Er argumentierte, dass der akademische und journalistische Fokus auf extreme Nationalisten, Unabhängigkeitsbewegungen und Fremdenfeinde in den 1980er und 1990er Jahren die Stärke des zeitgenössischen Nationalismus verschleierte, indem er implizierte, dass Nationalismus eher eine Randideologie als ein dominantes Thema in der zeitgenössischen politischen Kultur sei.<ref name=":4"></ref><ref name=":5"></ref> Billig stellte fest, dass im politischen Diskurs der damaligen Zeit fast unausgesprochen von der höchsten Bedeutung der Nation ausgegangen wurde, beispielsweise in den Aufrufen zum Schutz Kuwaits während des Golfkriegs oder zum Handeln in den USA nach den [[Terroranschläge am 11. September 2001|Anschlägen vom 11. September]]. Er argumentiert, dass die "verborgene" Natur des modernen Nationalismus ihn zu einer sehr mächtigen Ideologie macht, zum Teil deshalb, weil er weitgehend unhinterfragt und unangefochten bleibt und dennoch die Grundlage für mächtige politische Bewegungen und die meiste politische Gewalt in der heutigen Welt bildet. Banaler Nationalismus sollte nicht als eine schwache Form des Nationalismus betrachtet werden, sondern als Grundlage für "gefährliche Nationalismen".<ref>Wade, Lisa (4 July 2014). "Banal Nationalism". Sociological Images.</ref> In früheren Zeiten war der Ruf nach der "Nation" jedoch nicht so wichtig, da man sich eher auf Religion, Monarchie oder Familie berufen konnte, um Aktionen zu mobilisieren. Er verwendet das Konzept auch, um die Behauptungen der Postmoderne zu widerlegen, dass der Nationalstaat im Niedergang begriffen ist. Er verweist insbesondere auf die anhaltende hegemoniale Macht des amerikanischen Nationalismus. | ||
== | == Literatur == | ||
*1995: ''Banal Nationalism'', Michael Billig, 208 Seiten, SAGE Publications, {{ISBN|978-0803975255}} (''Englisch'') <!-- 15. August 1995 --> | |||
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Aktuelle Version vom 16. September 2023, 05:41 Uhr
Banaler Nationalismus[1] bezieht sich auf alltägliche Darstellungen einer Nation, die ein Gefühl der gemeinsamen nationalen Identität schaffen.[2]
Der Begriff ist dem Buch Banal Nationalism Buch des englischen Wissenschaftlers Michael Billig aus dem Jahr 1995 entnommen und ist kritisch zu verstehen. Billigs Buch wurde als „das vierthäufigst zitierte Werk über Nationalismus, das jemals veröffentlicht wurde“ bezeichnet.[3] Billig entwickelte das Konzept des „banalen Nationalismus“, um die routinemäßige und oft unbemerkte Art und Weise hervorzuheben, in der etablierte Nationalstaaten sich von Tag zu Tag reproduzieren.[4] Das Konzept war hoch einflussreich, insbesondere im Bereich der politischen Geographie. Das akademische Interesse hält seit der Veröffentlichung im Jahr 1995 an.[5] Heute wird der Begriff Banaler Nationalismus hauptsächlich in der akademischen Diskussion über Identitätsbildung, Geopolitik und das Wesen des Nationalismus in der zeitgenössischen politischen Kultur verwendet.[6]
Beispiele für banalen Nationalismus sind die Verwendung von Flaggen in alltäglichen Zusammenhängen, Sportveranstaltungen, nationale Lieder, Symbole auf Geldnoten[7] populäre Ausdrücke und Redewendungen, patriotische Vereine, die Verwendung implizierter Zusammengehörigkeit in der nationalen Presse, z. B. die Verwendung von Begriffen wie "Premierminister", "Wetter", "unsere Mannschaft" und die Unterteilung in "nationale" und "internationale" Nachrichten. Viele dieser Symbole sind besonders wirksam, weil sie ständig wiederholt werden und fast unterschwellig wirken. Banaler Nationalismus wird oft durch staatliche Institutionen wie Schulen erzeugt.[8]
Solche Mechanismen können zu Bottom-up-Prozessen des nation-buildings beitragen.[9] Michael Billig ging es bei der Prägung des Begriffs in erster Linie darum, den alltäglichen, einheimischen Nationalismus klar von extremistischen Varianten abzugrenzen. Er argumentierte, dass der akademische und journalistische Fokus auf extreme Nationalisten, Unabhängigkeitsbewegungen und Fremdenfeinde in den 1980er und 1990er Jahren die Stärke des zeitgenössischen Nationalismus verschleierte, indem er implizierte, dass Nationalismus eher eine Randideologie als ein dominantes Thema in der zeitgenössischen politischen Kultur sei.[5][6] Billig stellte fest, dass im politischen Diskurs der damaligen Zeit fast unausgesprochen von der höchsten Bedeutung der Nation ausgegangen wurde, beispielsweise in den Aufrufen zum Schutz Kuwaits während des Golfkriegs oder zum Handeln in den USA nach den Anschlägen vom 11. September. Er argumentiert, dass die "verborgene" Natur des modernen Nationalismus ihn zu einer sehr mächtigen Ideologie macht, zum Teil deshalb, weil er weitgehend unhinterfragt und unangefochten bleibt und dennoch die Grundlage für mächtige politische Bewegungen und die meiste politische Gewalt in der heutigen Welt bildet. Banaler Nationalismus sollte nicht als eine schwache Form des Nationalismus betrachtet werden, sondern als Grundlage für "gefährliche Nationalismen".[10] In früheren Zeiten war der Ruf nach der "Nation" jedoch nicht so wichtig, da man sich eher auf Religion, Monarchie oder Familie berufen konnte, um Aktionen zu mobilisieren. Er verwendet das Konzept auch, um die Behauptungen der Postmoderne zu widerlegen, dass der Nationalstaat im Niedergang begriffen ist. Er verweist insbesondere auf die anhaltende hegemoniale Macht des amerikanischen Nationalismus.
Literatur
- 1995: Banal Nationalism, Michael Billig, 208 Seiten, SAGE Publications, ISBN 978-0803975255 (Englisch)
Quellen
- Einzelnachweise
- ↑ Der Artikel ist eine Übersetzung des Artikels "Banal nationalism" aus der englischsprachigen Wikipedia.
- ↑ Michel Billig, Banal Nationalism. 1995, London: Sage, Seite 6.
- ↑ Michael Skey and Marco Antonsich, Everyday Nationhood: theorising culture, identity and belonging after Banal Nationalism. 2017, London: Palgrave Macmillan, Seite 1.
- ↑ Michel Billig, Banal Nationalism. 1995, London: Sage, Seite 6.
- ↑ 5,0 5,1 Koch, Nathalie; Anssi Paasi (September 2016). "Banal Nationalism 20 years on: Re-thinking, re-formulating and re-contextualizing the concept". Political Geography. 54: 1–6.
- ↑ 6,0 6,1 Sophie Duchesne, 'Who's afraid of Banal Nationalism', Nations and Nationalism, 2018, 24, Seiten 841-856.
- ↑ Penrose, Jan (November 2011). "Designing the nation. Banknotes, banal nationalism and alternative conceptions of the state". Political Geography. 30 (8): 429–440.
- ↑ Piller, Ingrid (12 May 2017). "The banal nationalism of intercultural communication advice".
- ↑ Mylonas, Harris; Tudor, Maya (11 May 2021). "Nationalism: What We Know and What We Still Need to Know". Annual Review of Political Science. 24 (1): 109–132.
- ↑ Wade, Lisa (4 July 2014). "Banal Nationalism". Sociological Images.